neuroDidactX - Talking Future Education 2021

Interview

Univ.-Prof. Dr. Michaela Sambanis

Transferdiskussion I

Was hat Sie denn als Lehrstuhlinhaberin für die Didaktik des Englischen bei neuroDidactX 2021 besonders angesprochen bzw. angeregt?

Created with Sketch.

Als Fremdsprachendidaktikerin hat mich u.a. die Forschung zu Text-Bild-Kombinationen angesprochen, denn das Arbeiten mit Texten und Bildern ist methodisch für uns zentral. Ob die Erkenntnisse aus dem naturwissenschaftlichen Bereich, von denen Prof. Scheiter in ihrem Vortrag berichtete, direkt übertragbar sind auf Sprachlernsituationen, in denen Texte und Bilder zum Einsatz kommen, ist sicher noch weiter zu erkunden. Transfer- und Anknüpfungsmöglichkeiten sehe ich durchaus verschiedene, u.a. im Bereich CLIL, aber auch bei illustrierten Texten im weitesten Sinne oder auch bei Texten, die das Verstehen von Bildern, Grafiken etc. erst ermöglichen.
 

Was mich, ganz unabhängig von unserer Diskussion zur Übertragbarkeit, sehr zum Nachdenken angeregt hat, ist die prozessorientierte Perspektive auf Bild-Text-Kombinationen: Zentral ist die Art und Weise, wie Lernende Materialien nutzen. Studien zeigen, dass eine intensivere Integration von Text und Bild durch Blickbewegungen, die zu einem stimmigen Verbinden beider visueller Informationsquellen führen, bessere Lernergebnisse ermöglicht. Das stößt sofort interessante und für uns relevante Fragen an: 

Welche Merkmale von Unterrichtsmaterialien regen die Text-Bild-Integration an, z.B. farbliche Hervorhebungen, color coding? Welche Strategien könnten Lehrkräfte und Lernende anwenden, um das Potenzial von Text-Bild-Kombinationen tatsächlich auszuschöpfen? Welche Trainingsmöglichkeiten gibt es (z.B. Blickbewegungsmodelle)? Welche Lernenden profitieren beim Sprachenlernen von Unterstützung bei Text-Bild-Integrationsversuchen? Wann ist die Text-Bild-Integration bei sprachlichem Lernen besonders wichtig?
 

Diese Fragen sollten mit Forschung im Fremdsprachenunterricht gezielt beleuchtet werden. Einige eignen sich z.B. für empirische Masterarbeitsprojekte oder, etwas größer aufgestellt, für Promotionsprojekte.
 

Eine Kernbotschaft können wir bereits festhalten: Es ist nicht egal, wohin Lernende schauen, wenn wir Materialien einsetzen, die Text und Bild verbinden. Streng genommen verbindet das Material selbst noch gar nichts, es bietet nur die Möglichkeit. Nützliche Verbindungen müssen aber in den Köpfen der Lernenden selbst hergestellt werden und diese ergeben sich nicht, wenn Bilder ignoriert oder entkoppelt vom Text betrachtet werden. 

Die Kernbotschaften geben bereits einen ersten Eindruck, wohin die Diskussion geführt hat. Könnten Sie hiervon genauer berichten?

Created with Sketch.

Schwerpunkte der Transferdiskussion in Gruppe 1 waren Möglichkeiten von signaling, z.B. durch color coding, Zeigen, Blickbewegungsmodelle, außerdem Übertragungsmöglichkeiten stützender Verfahren vom Lesen (Text-Bild) auf das Hör-Seh-Verstehen sowie das Thema Bilder beim Wortschatzerwerb. Die Anmerkung Prof. Scheiters, dass Bilder mitunter sogar abträglich sein könnten, hatte die Fremdsprachendidaktiker*innen in der Runde im Besonderen mobilisiert und irritiert. Irritationen sind, gerade im interdisziplinären Feld, keine Seltenheit und stoßen oft wertvolle Denk- und Diskussionsprozesse an – so auch in Gruppe 1.

Ich möchte deswegen gerne zu diesem Aspekt etwas ergänzen: Dass sich Bildmaterial im Bereich von Wortschatz nicht immer als zielführend erweist, bedeutet nicht, dass der Grundsatz der Anschaulichkeit dadurch insgesamt infrage gestellt würde. Ganz viele Informationen, die von außen zu unserem Gehirn gelangen, weisen visuelle Komponenten auf. Dennoch sind nicht alle Bilder unbedingt hilfreich. Manche sind vielleicht zu komplex und lenken eher ab, andere sind nicht eindeutig, um nur zwei Möglichkeiten zu nennen, die das Unterstützen mentaler Prozesse erschweren können.
 

Der Impuls für die Didaktik ist nicht der, Bilder zu verbannen, sondern Bildmaterial als eine wichtige Quelle nicht unkritisch einzusetzen (auch für Schulbuchverlage ein wertvoller Anstoß) und noch mehr darüber in Erfahrung zu bringen, welche Art von Bild wann sinnvoll erscheint.
 

Ein wichtiger Zweck des Einsatzes von Bildern im Fremdsprachenunterricht liegt im Erleichtern des Schaffens mentaler Repräsentationen und zwar zum einen durch das Anlegen mehrerer Spuren im Gehirn (auditive und visuelle Informationen) und zum anderen durch das Erzeugen von Klarheit, denn Informationen, die uns nicht klar sind, werden oftmals rasch wieder gelöscht.
 

Und damit haben wir ein zentrales Problem benannt, das m. E. auch hinter Prof. Scheiters Hinweis auf den nicht immer gewinnbringenden Bildeinsatz steht: Mehrkanalität per se ist kein Garant für Lernerfolg. Wie man z. B. aus der Gestenforschung weiß, können sinntragende Gesten beim Lernen den Ertrag stützen, widersinnige oder unklare Gesten hingegen sind eher abträglich. Ähnliches gilt auch für Bildinformationen.

Wo braucht es Anschlussforschung im Praxisfeld des Fremdsprachenunterrichts, um die Erkenntnisse aus der Laborforschung im Klassenzimmer nutzen zu können? Welche Ansatzpunkte waren hierbei besonders wertvoll?

Created with Sketch.

Ich hatte bereits einige Bereiche benannt und Fragen formuliert, zu denen die Fremdsprachendidaktik gezielt weiter forschen sollte, ganz besonders im Kontext des Klassenzimmers und anderer wichtiger Settings, in denen Lehren und Lernen stattfindet. Aus meiner Sicht gilt es z. B. die Wirkung von Bildmaterialien, auch digitalen (hier vor allem interaktiven und dynamischen), beim Fremdsprachenlernen weiter auszuleuchten. Unterrichtsbeobachtungen, das Erfassen und Teilen von Erfahrungen durch Praktiker*innen, auch in Form von Aktionsforschungsprojekten, scheinen für diese und andere Fragen eine gute Möglichkeit zu bieten, wie Expertise aus der Praxis, verbunden mit quasi-experimenteller didaktischer Forschung, nutzbar gemacht werden kann.
 

Das Fassen von Vorsätzen durch Aufstellen von wenn-dann-Plänen bildet einen weiteren Bereich, in dem Potenzial für den Fremdsprachenunterricht zu schlummern scheint. Ebenfalls interessant sind auch Formen der Unterstützung von Lernenden durch Lenken der Aufmerksamkeit und Optimierung der Rezeption, bei denen durch Blickbewegungsmodelle ein Abschauen von hilfreichen Blickbewegungen und somit Lernen am Modell ermöglicht wird. Die Idee besteht hier darin, die Blickbewegungen bei der Textrezeption, beim Nutzen von Bild-Text-Materialien usw. zu unterstützen, indem durch einen Lichtimpuls, simpel gedacht z.B. einen Pointer, zielführende Blickbewegungen angezeigt werden, sodass die Lernenden diesen bei der Befassung mit dem Material folgen können. In Diskussionsgruppe 1 wurde erwähnt, dass solche Unterstützungsangebote hilfreich sein könnten für Lernende mit geringeren Rezeptionserfahrungen, z.B. für Geflüchtete mit spät beginnender Schulbiografie. Aber auch für Lernende mit LRS und Schüler*innen mit sprunghaften Blickbewegungen könnte ein solches Verfahren wertvoll sein. 

Interview

Dr. Petra A. Arndt

Transferdiskussion II

Interview

Dr. Christian Ludwig

Transferdiskussion III

Was hat Sie denn als Gastprofessor für die Didaktik des Englischen bei neuroDidactX 2021 besonders angesprochen bzw. angeregt?

Created with Sketch.

Die Veranstaltung hat zahlreiche neue Perspektiven eröffnet. Besonders angeregt haben mich die konkreten Ergebnisse und Handlungsempfehlungen, aber auch aufgeworfene Forschungsfragen zur Einbindung (digitaler) Multimediamaterialien in (fremdsprachliche) Lernprozesse und wie unterschiedliche Bild- und Textcharakteristika sich gegenseitig beeinflussen können. Ich selbst forsche seit einigen Jahren nicht nur im Bereich der digitalen Medien, sondern auch zum Einsatz von Comics und grafischen Romanen im Englischunterricht, wobei vor allem in der Comicforschung die Frage nach Konflikten zwischen Bild- und Textverarbeitung im Vordergrund steht.
 

Ein weiterer Aspekt, der mich sehr beschäftigt hat, ist die Frage nach dem Potenzial des Bildes als Ergänzung zum Text in fremdsprachlichen Lehr-Lern-Materialien. Zwar scheinen visuelle Repräsentationen eine vielversprechende Möglichkeit zur Unterstützung der Lernenden beim Verstehen eines Textes zu sein, aber die Frage nach der Heraus- bzw. Überforderung einzelner Lernender durch das Hinzufügen externer, visueller Repräsentationen scheint noch nicht abschließend geklärt. Besonders angeregt hat mich der Austausch in der Transferdiskussion, die unterschiedliche Interessensvertretungen aus der schulischen Praxis, der Forschung und dem Verlagsbereich zusammengebracht hat. Dadurch entstand nicht nur eine rege Diskussion zur Gestaltung (digitaler) Lernmaterialien, sondern auch ein Austausch zu der Frage: Was müssen Lehrwerke leisten? Alles in allem empfand ich die große Diversität von Erfahrungen und Meinungen sowie Perspektiven aus Theorie und Praxis als die große Stärke der Tagung. 

Die Kernbotschaften geben bereits einen ersten Eindruck, wohin die Diskussion geführt hat. Könnten Sie hiervon genauer berichten?

Created with Sketch.

Den Austausch in der Gruppe empfand ich vor allem in seiner Kontroversität als sehr bereichernd. Bestimmt wurde die Diskussion vor allem durch die unterschiedlichen Hintergründe der Teilnehmenden, wobei die Thematik aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden konnte. Die Kernfragen zeigen, dass vor allem die Gestaltung von Lernmaterialien für heterogene Lerngruppen im Vordergrund stand, wobei ein Schwerpunkt darauf lag, wie Text-Bild-Collagen gestaltet sein müssen, damit Lernende zu einer intensiveren und gezielteren Nutzung visueller Materialien zur Unterstützung des Textverständnisses angeregt werden können. Vor allem aus der schulischen Praxis wurde berichtet, dass Lernende visuelle Hilfen oft ignorieren. Immer wieder kam dabei auch die Frage nach dem Potenzial digitaler Medien und der eng damit verbundenen Thematik der Vorbereitung Lernender auf eine zunehmend multimediale Welt auf. Als besonders spannend empfand ich den Brückenschlag in die Methodik und die Idee einer stärkeren Lernendenorientierung in multimedialen Lernumgebungen, z. B. indem Lernende Bilder selbst aussuchen oder beschriften und so Text-Bild-Beziehungen selbst herstellen. Eine Ebene, die ebenfalls sehr intensiv – auch kontrovers – diskutiert wurde, war die des Aufgabendesigns und der Rolle des Bildes sowie ‘bewegter Bilder’ in der Bearbeitung komplexer Kompetenzaufgaben. Immer wieder kam die Gruppe auf die Frage nach der Differenzierung in heterogenen Lerngruppen zurück und zeigte damit, dass das Potenzial multimedialer Texte vor allem in Hinblick auf zunehmend mehrsprachige und leistungsdifferente Lernende noch lange nicht ausgeschöpft ist.

Wo braucht es Anschlussforschung im Praxisfeld des Fremdsprachenunterrichts, um die Erkenntnisse aus der Laborforschung im Klassenzimmer nutzen zu können? Welche Ansatzpunkte waren hierbei besonders wertvoll?

Created with Sketch.

Im Rahmen der Gruppendiskussion wurde das Fremdsprachenlernen als besonderes Feld immer wieder hervorgehoben. So können Forschungsergebnisse aus den Naturwissenschaften wichtige Impulse für die Fremdsprachendidaktik liefern, jedoch sollten die besonderen Bedingungen des Englischlernens berücksichtigt werden. Die Transfer- und Anschlussfragen, die sich daraus ergeben, zeigen, dass der Einsatz des Bildes, aber auch multimedialer Texte aus unterschiedlichen Perspektiven (lernpsychologisch, pädagogisch, medienspezifisch) kritisch hinterfragt und auf seine ‘Praxistauglichkeit’ hin untersucht werden sollte. Im Vordergrund sollte dabei die fremdsprachendidaktische Perspektive stehen. Ansatzpunkte und Fragen, die hier besonders wertvoll erscheinen, sind, u.a.:

 

Wie ‘lesen’ Lernende Text- und Bildkombinationen und multimediale Texte? Welche Erkenntnisse kann das Eye-Tracking liefern?

 

Wie können multimediale Elemente besser in Lehrwerke eingebunden werden, z.B. durch die Nutzung einer Cloud? 

 

Welche Rolle spielen multimediale Texte bei der Förderung unterschiedlicher Fähigkeiten und Kompetenzen, wie z.B. die Erarbeitung neuer Wörter, die Einübung von Lesestrategien, etc.? 

Interview

Oriana Uhl

Transferdiskussion IV

Was hat Sie denn als Wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Didaktik des Englischen bei neuroDidactX 2021 besonders angesprochen bzw. angeregt?

Created with Sketch.

Besonders interessant fand ich den Aspekt der wenn-dann-Vorsätze, die Lernenden an die Hand gegeben werden können, wenn sie sich mit neuen Lerninhalten in schriftlicher Form befassen. Diese Vorsätze können eine konkrete Hilfestellung darstellen, wie beispielsweise ein Text mit Abbildungen erschlossen werden kann. Ich denke, dass die Vermittlung solcher Arbeitsstrategien, die die Schüler*innen in ihr Repertoire aufnehmen können, zu einem zielführenderen Umgang mit Lernmaterial führen kann. Dadurch könnten Möglichkeiten für kreative und ganzheitliche Beschäftigung mit dem Lerngegenstand entstehen, die im Schulalltag nicht zuletzt wegen zeitlicher Beschränkungen häufig zu kurz kommen.

Die Kernbotschaften geben bereits einen ersten Eindruck, wohin die Diskussion geführt hat. Könnten Sie hiervon genauer berichten?

Created with Sketch.

Für viele Teilnehmende war es eine neue und sehr interessante Information, dass signaling abhängig von Kenntnisstand und Kompetenz der Lernenden entweder eine zusätzliche Unterstützung beim Verstehen komplexer Inhalte darstellen, aber auch kontraproduktiv für den Lernprozess sein kann.

 

Daran schloss sich die Frage an, wie signaling bei fortgeschrittenen Lernenden funktional eingesetzt werden kann. Es wurde anschließend noch ausführlicher diskutiert, wie signaling in heterogenen Lerngruppen umgesetzt werden kann. 

Wo braucht es Anschlussforschung im Praxisfeld des Fremdsprachenunterrichts, um die Erkenntnisse aus der Laborforschung im Klassenzimmer nutzen zu können? Welche Ansatzpunkte waren hierbei besonders wertvoll?

Created with Sketch.

Im Vortrag wurde darauf hingewiesen, wie zeitaufwendig die Gestaltung von Material sein kann, das empirischen Forschungsergebnissen zu Lernprozessen Rechnung trägt. Anstatt nun aber aus puren Machbarkeitsüberlegungen Abstand von der Berücksichtigung empirischer Erkenntnisse zu nehmen, die ein wertvolles Qualitätsmerkmal von Materialien bilden können, wurde in der Diskussion eine stärkere Vernetzung zwischen Forschung, Verlagen und Schulen als wünschenswert bezeichnet. Auf diese Weise könne es gelingen, Wege zu finden, um nicht auf empirische Fundierung verzichten zu müssen.

Interview

Katrin Harder

Transferdiskussion V

Was hat Sie denn als Teilabgeordnete Lehrkraft für die Didaktik des Englischen bei neuroDidactX 2021 besonders angesprochen bzw. angeregt?

Created with Sketch.

Als teilabgeordnete Lehrkraft bin ich selbst noch unterrichtend tätig und habe interessante Denkanstöße für meine eigene Praxis erhalten. Mich hat das Thema signaling sehr angesprochen. In Lehrwerken werden häufig Bilder zu Lesetexten angeboten. Meist finden sich darüber hinaus jedoch kaum Angebote im Sinne des signaling, die die Lernenden dabei unterstützen, Verbindungen zwischen Text und Bild herzustellen.

 

Dass die Integration von Text und Bild ein Prozess ist, der systematisch angeleitet werden kann und sollte, regt mich an, darüber nachzudenken, wie ich das in der Unterrichtspraxis umsetzen kann. Die Arbeit mit Vorsätzen scheint hier interessante Möglichkeiten zu bieten. Diese aus der Motivationsforschung stammende Praxis kann offensichtlich im Hinblick auf das Einüben von Strategien zur Text-Bild-Integration erfolgreich genutzt werden. Dies scheint mir eine relativ leicht umzusetzende Maßnahme zu sein, die ich in meiner Unterrichtspraxis ausprobieren möchte.

 

Prof. Scheiter hat in ihrem Vortrag schon selbst darauf hingewiesen, dass man leider nicht immer Zugriff auf vorhandenes Unterrichtsmaterial hat, um dies so zu verändern, dass die Integrationsprozesse der Lernenden gefördert werden. Mich interessiert die Frage, wie ich bei Studierenden als angehende Lehrkräfte das Bewusstsein für – im Sinne des signaling – sinnvoll gestaltetes Material schärfen kann. Sie sollten lernen, Unterrichtsmaterialien auszuwählen, zu adaptieren, aber auch selbst zu erstellen, damit Lernende mit unterschiedlichen Voraussetzungen beim Lernen optimal unterstützt werden können. 

Die Kernbotschaften geben bereits einen ersten Eindruck, wohin die Diskussion geführt hat. Könnten Sie hiervon genauer berichten?

Created with Sketch.

Die in Prof. Scheiters Vortrag vorgestellten Erkenntnisse in Bezug auf das signaling bestimmten die Diskussion. Die Tatsache, dass Lernende unterschiedlich stark von signaling zu profitieren scheinen und bei Lernenden mit umfangreichen Vorkenntnissen zu einem Thema ein negativer Effekt zu beobachten war, da diese nicht ausreichend kognitiv aktiviert wurden, selbstständig Text-Bild-Zusammenhänge herzustellen, warf zahlreiche Fragen auf. 

 

Es wurde darüber diskutiert, inwiefern der Einsatz von Bildern im Fremdsprachenunterricht überdacht bzw. wie die gegenwärtige Praxis modifiziert werden sollte, damit alle optimal davon profitieren. Eine Lösung scheint das extended signaling zu sein, bei dem schwächere Lernende durch zusätzliches Material unterstützt werden. 

 

Es herrschte Einigkeit darüber, dass Fremdsprachenlehrkräfte nicht auf Bilder verzichten sollten – insbesondere, wenn es um die Vermittlung von Wortschatz geht. Die Lehrkraft sollte sich allerdings der Tatsache bewusst sein, dass Bilder uneindeutig oder gar missverständlich sein können und Begriffe mit ihnen nicht immer umfassend und präzise semantisiert werden können. Es bieten sich jedoch auch gute Ansatzpunkte für das interkulturelle Lernen, da viele Objekte in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich aussehen können. Man denke, z. B., an ein Haus oder ein Brot. 

Wo braucht es Anschlussforschung im Praxisfeld des Fremdsprachenunterrichts, um die Erkenntnisse aus der Laborforschung im Klassenzimmer nutzen zu können? Welche Ansatzpunkte waren hierbei besonders wertvoll?

Created with Sketch.

Im Vortrag von Prof. Scheiter fielen häufig Begriffe wie „Instruktion“ und „Wissenserwerb“. Ich frage mich, inwieweit die Erkenntnisse auf den Fremdsprachenunterricht übertragbar sind, in dem der Erwerb der funktionalen kommunikativen Kompetenzen im Vordergrund steht und Faktenwissen eine weniger wichtige Rolle spielt als in naturwissenschaftlichen Fächern. Hier wäre sicherlich weitere Forschung im Praxisfeld Fremdsprachenunterricht äußerst hilfreich. Auch interessiert mich die Frage, inwieweit die Erkenntnisse auf die Arbeit mit analogem Material übertragbar ist. Momentan spielen multimediale Angebote vielerorts in der Unterrichtspraxis eine eher untergeordnete Rolle. Interessant wäre also herauszufinden, wie analoges Material gestaltet sein sollte, um die Prozesse der Text-Bild-Integration optimal zu fördern. 

 

In Bezug auf die Arbeit mit Vorsätzen wäre es spannend herauszufinden, wie effektiv diese im Hinblick auf andere Bereiche des Fremdsprachenunterrichts sein könnten. Prof. Scheiter sprach davon, dass es auch effektiv sein kann, Lernende selbst „wenn-dann-Vorsätze“ formulieren zu lassen. Gerade für fortgeschrittene Lernende könnten sich hier effektive Möglichkeiten bieten, nicht nur im Bereich Textverstehen, sondern, z. B., für das Vokabellernen. 

 

Eine wichtige Erkenntnis, die ich aus dem Vortrag mitnehme, ist außerdem, dass es um das Zusammenspiel von sinnvoll gestaltetem Material und der Vermittlung von Strategien geht. Dass der Vermittlung von Lernstrategien im Fremdsprachenunterricht eine große Bedeutung zukommt, ist keine Neuigkeit. Durch den Vortrag wurde aber noch einmal die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass man als Lehrkraft diesen Prozess sehr intensiv begleiten muss und immer wieder thematisieren sollte, wann der Einsatz welcher Strategien helfen kann. Nicht zuletzt geht es außerdem darum, die Lernenden dabei zu unterstützen, mit nicht optimal gestaltetem Material zurechtzukommen.  

Interview

Ben Opitz

Transferdiskussion VI

Was hat Sie denn als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Didaktik des Englischen bei neuroDidactX 2021 besonders angesprochen bzw. angeregt?

Created with Sketch.

Prof. Scheiters Forschungsarbeiten liefern viele wertvolle Impulse für das Gelingen von Digitalisierungsprozessen im Bildungsbereich und weisen darüber hinaus zahlreiche Schnittstellen mit meinen eigenen Forschungsinteressen auf. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arbeitsbereich der Didaktik des Englischen an der Freien Universität Berlin führe ich im Rahmen des BMBF-geförderten Projekts K2teach – Know how to teach unter der Betreuung von Prof. Sambanis ein Seminar mit dem Schwerpunkt Digitale Medien im Fremdsprachenunterricht durch. Dabei stehen vor allem die Erfassung und Förderung von tatsächlichen und wahrgenommenen digitalen Medienkompetenzen angehender Lehrkräfte im Vordergrund und werden Seminar-begleitend erforscht.

 

Prof. Scheiters Forschungsarbeiten dienen dabei in vielerlei Hinsicht als Grundlage und Inspiration für die Gestaltung ausgewählter Seminarinhalte und Forschungsfragen. Zum Beispiel ist der Einfluss der Digitalisierung auf die Lesepraktiken von Schüler*innen Seminarinhalt und aktuell Gegenstand intensiver internationaler Forschung (Stavanger Declaration). Die Arbeiten von Prof. Scheiter bieten diesbezüglich wertvolle Einblicke in didaktische Gestaltungsmöglichkeiten, die es beispielsweise ermöglichen, Lernprozesse durch Text-Bild-Korrespondenzen gezielter anzuregen. Dies hat besonders wichtige Implikationen für das Arbeiten mit digitalen Medien im Fremdsprachenunterricht. Während ich die Erkenntnisse aus Prof. Scheiters Vortrag also grundsätzlich für sehr relevant halte, war ich persönlich besonders an Überschneidungspunkten mit eigenen Forschungsinteressen und deren Bedeutung für die Gestaltung von Seminarinhalten interessiert.

Die Kernbotschaften geben bereits einen ersten Eindruck, wohin die Diskussion geführt hat. Könnten Sie hiervon genauer berichten?

Created with Sketch.

Ziel der Transferdiskussionen war das Schaffen von Berührungspunkten zwischen Wissenschaft und Bildungspraxis durch einen fächerübergreifenden Austausch. Angesichts der Distanzlehrerfahrungen der vergangenen Monate und den damit verbundenen Herausforderungen wurde über die von Prof. Scheiter vorgestellten Forschungserkenntnisse zu Bild-Text-Korrespondenzen vor dem Hintergrund des Lehrens mit digitalen Medien und multimedialen Inhalten in der Distanzlehre diskutiert. In diesem Zusammenhang wurde die Bedeutung von Videomaterialien für den Fremdsprachenunterricht erörtert und eigene Praxiserfahrungen anhand ausgewählter Vortragsinhalte reflektiert. So wurde beispielsweise berichtet, dass vor allem Videomaterialien während der Distanzlehre im Fremdsprachenunterricht gewinnbringend zum Einsatz kamen.

 

Es wurde auch darüber diskutiert, inwiefern Bild-Text-Korrespondenzen und deren Interpretationen kulturell bedingt und heterogen wahrgenommen werden und was dies für deren Einsatz in einer inklusiven Schulpraxis bedeute. Außerdem wurde die Eignung aktueller Schulbücher vor dem Hintergrund einer von Digitalisierungsprozessen geprägten Bildungspraxis diskutiert. Dabei wurde deutlich, dass es im Bereich des Fremdsprachenunterrichts noch viel Raum zur Ausgestaltung von multimedialen digitalen Lehrmaterialien sowie deren Vernetzung mit analogen Inhalten gibt. 

 

Unsere Transfergruppendiskussion zeigte vor allem auf, dass es fächerübergreifende Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Nutzung multimedialer digitaler Lerninhalte gab. So konnten Teilnehmende aus unterschiedlichen Bereichen von ähnlichen Herausforderungen und Erfolgen im Umgang mit multimedialen digitalen Lerninhalten aus der Praxis berichten und anschaulich mit Vortragsinhalten vernetzen. 

Wo braucht es Anschlussforschung im Praxisfeld des Fremdsprachenunterrichts, um die Erkenntnisse aus der Laborforschung im Klassenzimmer nutzen zu können? Welche Ansatzpunkte waren hierbei besonders wertvoll?

Created with Sketch.

Prof. Scheiters Vortrag umfasste eine Vielzahl von Forschungsfragen, die für das Lehren und Lernen von Fremdsprachen in der digitalen Welt von großer Bedeutung sind. Inwiefern ausgewählte Forschungserkenntnisse auch in komplexere Unterrichtssituationen mit heterogenen Lernendengruppen gewinnbringend integriert werden können, wird sich vor allem durch künftige Untersuchungen sowie Praxiserfahrungen zeigen. Die bestehenden Forschungsarbeiten von Prof. Scheiter bieten allerdings schon jetzt wertvolle Ansatzpunkte für ein tieferes Verständnis von Lernprozessen im Umgang mit multimedialen Lerninhalten. 

 

Zum Beispiel legte eine von Prof. Scheiter und Kolleg*innen im Jahr 2016 publizierte Meta-Analyse zur Wirksamkeit von signaling, der Hervorhebung durch Text-Bild-Korrespondenzen, in Lernmaterialien nahe, dass diese Unterstützungsmaßnahmen grundsätzlich vorteilhaft wirken. Interessanterweise profitierten Schüler*innen jedoch in Abhängigkeit von ihrem Vorwissen unterschiedlich stark von diesen Maßnahmen. So konnte in weiteren Untersuchungen festgestellt werden, dass vor allem leistungsschwächere Schüler*innen durch signaling profitierten, während leistungsstärkere Schüler*innen durch dieselbe Unterstützung sogar Nachteile erfuhren. Diese Ergebnisse bieten wertvolle Anknüpfungspunkte für die Gestaltung von mulitmedialen Lerninhalten für heterogene Lernendengruppen. Materialien könnten demnach beispielsweise in Abhängigkeit des Vorwissens von Schüler*innen adaptiv eingesetzt und angepasst werden. 

 

Da diese Untersuchungen jedoch vor allem mit naturwissenschaftlichen Lerninhalten durchgeführt wurden, wären zusätzliche Ergebnisse daran anknüpfender empirischer Forschung aus dem Bereich der Fremdsprachendidaktik besonders spannend und wünschenswert. 

Interview

Natasha Janzen Ulbricht

Transferdiskussion VII

Was hat Sie denn als Wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Didaktik des Englischen bei neuroDidactX 2021 besonders angesprochen bzw. angeregt?

Created with Sketch.

Meine Forschung befasst sich hauptsächlich mit der Frage, wie Gesten zum langfristigen Fremdsprachenlernen beitragen können, gleichzeitig verwende ich aber auch Bild- und Wortkombinationen bei der Einführung von Gesten. Ich war fasziniert von Prof. Scheiters Erklärung, wie komplex der Integrationsprozess von Bildern und Texten tatsächlich ist. Diese Komplexität erinnerte mich an die Ressourcen von TESSA (Teacher Education in Sub-Saharan Africa), die ich bei meiner Arbeit in Sambia verwendet habe: Informationen aus einer Tabelle oder einem Diagramm abzulesen erfordert andere Fähigkeiten als das Lesen einer Geschichte. Eye-Tracking-Daten können dabei hilfreich sein, Gedankenprozesse von Lernenden sichtbar werden zu lassen.

Die Kernbotschaften geben bereits einen ersten Eindruck, wohin die Diskussion geführt hat. Könnten Sie hiervon genauer berichten?

Created with Sketch.

In unserer Gruppe hatten wir viele Anschlussfragen. Eine sehr allgemeine Frage war z.B. die, wie leicht sich Befunde aus den Naturwissenschaften auf den Fremdsprachenunterricht übertragen lassen. Wir haben uns außerdem Gedanken über die Integration von Text- und Bildinformationen in Zusammenhang mit dem Lernen von Wörtern gemacht. Was bedeutet Verstehen eigentlich? Gibt es beim Vokabellernen vielleicht mehrere produktive Wege, den Sinn zu erfassen? Eine sehr praktische Frage war die einer Lehrkraft, ob der Unterricht multimedial überladen werden könne. Wenn wir als Lehrkräfte Zugang zu Bildern, Büchern, Musik, Videos und Computern haben, wie sollen wir dann entscheiden, worauf wir uns konzentrieren? Prof. Scheiters Vortrag warf auch die Frage auf, welche Kriterien für die Gestaltung von Unterrichtsmaterialien gelten sollten und wer die Entscheidung über die Gestaltung der Materialien treffen sollte.

Wo braucht es Anschlussforschung im Praxisfeld des Fremdsprachenunterrichts, um die Erkenntnisse aus der Laborforschung im Klassenzimmer nutzen zu können? Welche Ansatzpunkte waren hierbei besonders wertvoll?

Created with Sketch.

Als Fremdsprachenexpert*innen sind wir an Forschung interessiert, die mit dem Lehren und Lernen von Fremdsprachen zu tun hat. Im Zentrum unserer Diskussion standen Fragen, auf die wir uns in Zukunft nützliche Antworten erhoffen. Was die multimediale Überforderung betrifft stellten wir uns u. a. die folgenden Fragen: Wie viele Bilder oder Gesten sind optimal, um das Sprachenlernen zu unterstützen? Welcher Kontext ist besonders hilfreich? Zum Beispiel: Ist für das Erlernen des Wortes car, das Sehen oder das Hören eines Autos hilfreicher? Schließlich bleibt, anknüpfend an den Aspekt des Verständnisses, zu fragen: Wie unterschiedlich ist die Effektivität des Lernens mit verschiedenen Arten von digitalen und analogen Medien?

Interview

Stefanie Lichtensteiger

Transferdiskussion VIII


Was hat Sie denn als Lehrerin für die Didaktik des Englischen bei neuroDidactX 2021 besonders angesprochen bzw. angeregt?

Created with Sketch.

Für mich als Lehrerin war die Präsentation von Forschungsbeispielen zur Text-Bild-Integration interessant. Besonders die Tatsache, dass oft nur der Text gelesen wird und Bilder gar nicht betrachtet werden, stellt einen wichtigen Befund dar. In vielen Lehrwerken der Grundschule werden Bilder zur Auflockerung eingesetzt – ohne Bezug zum Text. Bereichernd war im Vortrag die Erläuterung des signaling. So wurde klar, dass durch Hinzufügen von visuellen Merkmalen der Bild-Text-Bezug, z. B. durch Farbgestaltung, erleichtert werden kann. Auch dass in diesem Kontext das Vorwissen eine entscheidende Rolle spielt und der Einsatz mancher Elemente für Schüler*innen mit hohem Vorwissen hinderlich sein könnte, wurde nochmals unterstrichen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Einsatz von Multimedia didaktisch gut aufbereitet werden muss, Lernvoraussetzungen geschaffen werden müssen und schließlich vom Schulträger bzw. der Schule technische Voraussetzungen gegeben werden sollen. Meiner eigenen Auffassung nach sollten solche Input-Vorträge bereits im Studium, aber auch später als Fortbildungen, angeboten werden und zu einem kritischen und reflektierten Multimediaeinsatz einladen, da dies bislang zu kurz kommt. 

Die Kernbotschaften geben bereits einen ersten Eindruck, wohin die Diskussion geführt hat. Könnten Sie hiervon genauer berichten?

Created with Sketch.

Zunächst berichteten die Teilnehmenden von ihren praktischen Erfahrungen und äußerten Bedenken bezüglich des Einsatzes im Fremdsprachenunterricht. So wäre es gängige Praxis, zu Vokabeln ein Bild zu präsentieren. Hierbei war es der Eindruck der Lehrenden, dass dies auch wirksam und eine hilfreiche Strategie für Schüler*innen ist. An dieser Stelle trat die Frage auf, ob auf dieses Vorgehen zukünftig wirklich verzichtet werden müsse. Hier konnte keine Antwort gefunden werden: Die Teilnehmenden merkten an, dies in Ruhe mit ihrem bisherigen Verständnis in Einklang bringen zu müssen. 

 

Ein weiterer Diskussionsschwerpunkt war die Ausstattung an manchen Schulen, die einzelne Teilnehmende als Hindernis einstuften. Bislang wäre es oft noch so, dass die Lehrkraft sich selbst mit technischen Geräten ausstatten müsse. Zwar besteht der Eindruck, insgesamt auf einem guten Weg zu sein, allerdings mit deutlichem Optimierungspotenzial. 

 

Weiterhin wurde darüber diskutiert, dass oftmals große Verunsicherung über die rechtlichen Grundlagen bezüglich des Datenschutzes bestehen und den Prozess erheblich behindern. So wurde geäußert, dass bestimmte Tools, z.B. Padlet, während des home schooling gerne eingesetzt worden wären, der rechtliche Rahmen aber nicht geklärt war.

Wo braucht es Anschlussforschung im Praxisfeld des Fremdsprachenunterrichts, um die Erkenntnisse aus der Laborforschung im Klassenzimmer nutzen zu können? Welche Ansatzpunkte waren hierbei besonders wertvoll?

Created with Sketch.

In der Gruppe trat insbesondere die Frage nach dem Vorgehen im Fremdsprachenunterricht auf: Ob das bisherige, effektiv wahrgenommene Vorgehen zu ändern sei und ob Befunde zur Text-Bild-Integration auf den Fremdsprachenunterricht zu übertragen seien. Hierbei wurden folgende Fragen formuliert: Wie kann Vokabellernen durch signaling bereichert werden, sodass ein zusätzlicher Lerneffekt entsteht? Wie könnte ein Fremdsprachenunterricht mit digitalen Schulbüchern aussehen?

Diese Veranstaltung wird unterstützt von: